Vortrag: IS und die Folgen: Islamischer Terrorismus, als Gefahr für den Westen

27.01.2016

Islamischer Terrorismus als Gefahr für den Westen

„Wie viel Sicherheit ist uns Europas Freiheit wert ?“

Rosenheim – Als politisch interessierter Zeitgenosse habe ich in jüngster Zeit zahlreiche Vorträge und Beiträge zum Thema: „Islam, islamischer Terrorismus und Nah-Ost-Konflikt“ gehört, gelesen oder selbst verfasst. Und so war ich zuerst auch der Ansicht, der öffentliche Vortrag: „IS und die Folgen“, zu dem der Bayernbund, Kreisverband Rosenheim, in Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung, eingeladen hatte, sei wieder ein solcher Vortrag wie ihn derzeit oft selbsternannte Experten zuhauf anbieten. Doch schnell musste ich mich – und vermutlich auch die etwa 80 anwesenden Zuhörer – eines Besseren belehren lassen.

Mit Peter Bauch, Politologe und Historiker — ehemals als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag tätig — hatte Veranstaltungsorganisator und Bayernbund-Beirat Kurt Franz einen Referenten gewinnen können, der sowohl mit seinem profunden Wissen als auch mit der Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge nachvollziehbar darstellen und vermitteln zu können — ohne durch überflüssige Details den „roten Vortragsfaden“ zu verlassen – seine gespannt lauschende Zuhörerschaft schnell in die nahöstlichen Krisenherde entführte. Es fiel positiv auf, dass der Referent zwar auch Fakten nannte, aber primär darauf bedacht war, die Zusammenhänge des Konfliktpotentials sichtbar zu machen und mithin Denkanstöße zu initiieren, es aber bewusst vermied, vorgefertigte Antworten oder Lösungsansätze zu präsentieren, denn „der islamische Terror stelle eine große Gefahr dar, die wir noch nicht recht einzuschätzen wissen“.

Quasi im Zeitraffertempo streifte Historiker Bauch die Entstehung und Entwicklung des Islams als monotheistische Glaubensrichtung und erwähnte auch die ursächlichen Gründe, warum sich die verschiedenen Gruppierungen und Religionen – Sunniten, Schiiten, Alewiten, Salafisten, Wahabiten, etc. – seit alters her, und auch heute noch, bekämpfen. Im Islam stellt die Schlacht bei Kerbala im Jahre 680 die entscheidende Zäsur dar, weil sie die Spaltung der Muslime in die beiden wichtigsten Religionsgruppen, in die Sunniten und Schiiten, einleitete und zur Gründung des Bagdader „Kalifats“ (nach der Niederlage der Schiiten bei Kerbala) führte, in welchem die Sunniten auch noch unter Diktator Saddam Hussein dominierten, selbst wenn das „Kalifat als Staatsform“, in welchem Religion und Staat identisch sind (die „Scharia“), 1924 unter Mustafa Kemal Atatürk abgeschafft wurde.

Eine folgenschwere Fehleinschätzung „leistete sich der Westen“, als dieser im Jahre 2006 den Irak unter Führung der USA militärisch besetzte, dessen Diktator Saddam Hussein stürzte, die staatlichen Strukturen auflöste und ein gesellschaftspolitisches Chaos und Vakuum hinterließ. Die bisherige mehrheitlich sunnitische Oberschicht in Staat und Armee fühlte sich jetzt „heimatlos“ und durch die von der westlichen Allianz nun unterstützten Schiiten „an den Rand“ gedrängt.

Der „innere Widerstand Sunniten versus Schiiten“ nahm hier seinen Anfang und führte alsbald dazu, dass sich religiöse Fanatiker nach einer Vergangenheit und staatlichen Ordnung sehnten, die durch die „Scharia, der Ordnung Gottes“ beziehungsweise dem ursprünglichen Islam geprägt war und westliche Einflüsse vehement ablehnt und bekämpft, auch mit terroristischen Mitteln. Theologische Fundamentalisten wie Abu Bakr al-Bagdadi, ein Salafist, fanden alsbald Zuspruch und willige Vollstrecker, um den Islamischen Staat (IS) als neues Kalifat auszurufen und im „göttlichen Auftrag“ unternationalen Terror auszuüben.

Das Glaubensbekenntnis („Schahada“) streng konservativer Muslime, zu denen hauptsächlich Salafisten und Wahabisten (in Saudi-Arabien) zählen, kennt nur Allahs Gebote, was bedeutet, dass niemand das Recht hat, diese zu ändern oder zu ergänzen. Dieses Ansinnen widerspricht grundsätzlich westlichen beziehungsweise demokratischen Vorstellungen. Und so ist es fast „heilige“ Pflicht für Salafisten und sonstige „IS-Gotteskrieger“, darunter zahlreiche Sunniten und ehemalige Gefolgsleute von Saddam Hussein, einen unerbittlichen Kampf zur Stärkung des Islam gegen westlichen Einfluss und besonders gegen die USA zu führen.

Referent Bauch ist überzeugt, dass der IS mit seinen geschätzten 40.000 Kämpfern heute über hinreichend Potenzial verfügt, um internationale Terrorgruppen nicht nur in Europa, sondern auch bald in Lybien, Pakistan oder Indonesien mit der Ausführung brutaler Anschlägen zu beauftragen, um einerseits Schrecken zu verbreiten und andererseits Terroristen als „Schläfer“ zu installieren. Frankreichs sozialistischer Staatspräsident Francois Hollande meint denn auch folgerichtig, dass „diese Menschen vernichtet werden müssen“. Und selbst Russlands Präsident Wladimir Putin mahnt eine „globale Koalition gegen den IS-Terrorismus“ an.

Nur ist die gewünschte „globale Koalition“ derzeit leider überwiegend damit beschäftigt, ihre eigenen, hegemonialen Interessen zu verfolgen. Die angrenzenden Staaten – Türkei, Iran, Golfstaaten und Saudi-Arabien — arbeiten gegeneinander und machen teilweise gemeinsame Sache mit dem „IS-Kalifat“. Zwangsläufig stellt sich die Frage: „Warum sollen nur die Europäer, die NATO oder Amerika gegen den IS-Terrorismus kämpfen und Bodentruppen einsetzen ? – zumal die zunehmenden Herausforderungen an die Demokratien westlicher Prägung nicht genauer zu lokalisieren sind, schon deshalb nicht, weil die meisten Muslime in Europa friedlich sind und den islamischen Fundamentalismus ihrer Glaubensbrüder ablehnen.

Mit der Gretchenfrage“: „Wie viel Sicherheit braucht Europa und was ist uns dessen Freiheit wert“ oder anders formuliert: „Wie kann Deutschland `anschlagsfrei´ gehalten werden“, wenn unsere Sicherheitskräfte noch nicht einmal in der Lage sind, sich auf eine gemeinsame Datenbank zu einigen ? – gab Referent Peter Bauch den Startschuss für die zu erwartete, intensive Diskussion.

Bericht: Jürgen Engelhardt

Foto: Norbert Zehrer

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