Landwirtschaft der Zukunft
Landwirtschaft der Zukunft
Unter dem Motto „Bayern – unsere Heimat“ führte der Bayernbund Rosenheim mit ca. 25 Teilnehmern am Samstag, 16. März 2013 eine Informationsreise zur Landwirtschaft der Zukunft durch. Der Besuch galt dem
Anwesen und landwirtschaftlichen Betrieb „Kreuzerhof“ der Familie Oberschätzl in
St. Christoph bei Steinhöring und der
bayerischen. Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Tier und Technik in Grub.
1. Am Hof in St. Christoph wurde unsere Gruppe von Herrn Oberschätzl, seiner Tochter und seinem Sohn, einem ausgebildeten Landwirtschaftsmeister begrüßt. Der Hof wird bereits seit vielen Generationen von der gleichen Familie bewirtschaftet. Vor ca. 3 Jahren entschloss man sich das Anwesen auf modernste Milchwirtschaft umzustellen. Dies erforderte den Bau von neuen Gebäuden, die nach neuesten Erkenntnissen der Rinderhaltung errichtet und zugleich mit modernsten Techniken der Milchproduktion ausgestattet wurden. Man konnte sich kaum eine bessere Führerin als die Tochter Rosemarie vorstellen, die zu diesem Thema nach ihrem Studium in Weihenstephan an der LfL in Grub promoviert.
Der Hof bewirtschaftet ca. der 280 Tagwerk (1 ha entspricht ca. 2,7 Tagwerke), davon ist die Hälfte Wiesen und die andere Hälfte Acker. 50 % der Flächen sind eigener Grund und Boden. Der Rest ist dazu gepachtet.
Nach einer halbjährigen Planungsphase wurde 2010 das gesamte Areal nach den neuesten Er-kenntnissen der Landwirtschaft, ausgestattet. Als Investitionssumme wurden ca. 9500 € pro Tierplatz
investiert. Mit einer Förderung des Projektes von ca. 20 % durch die EU und dem bayr. Landwirtschaftsministerium konnte die Finanzierung gesichert werden. Eine Wirtschaftlichkeit ergibt sich im Betrieb Oberschätzl durch eine Jahresproduktion von ca. 560.000 l produzierte Milch. Der Milchpreis liegt momentan bei ca. 35,5 Cent pro Liter Milch. Die Vermarktung von Tieren und Milch erfolgt ausschließlich regional. Der Betrieb wird durch die moderne Ausstattung mit nur 3 Familienangehörigen bearbeitet und geführt.
Die Stallungen sind als Kaltanlage errichtet mit einer Ausrichtung des Gebäudes von West nach Ost. Nur der Roboterbereich wird im Winter beheizt. Jahrelange Forschungen haben ergeben, dass die Rinder sich bei ca. 0 Grad Celsius am wohlsten fühlen und damit auch am besten gegen Krankheit gefeit sind. Geschlossene, warme, feuchte und damit wenig belüftete Ställe, wie man sie von früher her kennt, sind für das Rind ungesund. Die Stallungen werden deshalb heute alle offen gehalten, das Dach ist isoliert gegen Hitze und nur an sehr kalten Wintertagen werden Planen zum Schutz gegen eisige Kälte herabgelassen. Die Rinder haben auch nachts eine geringe rötliche Beleuchtung, in der sie sich sehr wohl fühlen.
Die Stallungen des Betriebes sind derzeit mit 95 Milchkühen (Fleckvieh) und 110 Stück Jungvieh belegt. Das Gebäude selbst unterteilt sich in 4 Abteilungen,
● dem Bereich für die laktierende Herde, dort erfolgt auch die Besamung der Kühe,
● den Trockentierbereich für tragende Kühe,
● den Bereich des Abkalbens, wo die Kälber mit dem Muttertier ca. 2 Tage verbleiben, da nur durch die Muttermilch die Kälber ihre Immunität gegen Krankheiten erhalten und
● schließlich den Melkbereich für die Kälber, in dem sie an das automatische Trinken der
Milch gewöhnt werden.
Die Milchkühe selber werden durch ein automatisches Melksystem gemolken. Durch Anfütterung mit Kraftfutter als Lockmittel, gelegentlich auch durch Anschieben in die Melkanlage wird den Tieren beigebracht sich melken zu lassen. Die Tiere stellen sich selbst und aus eigenem Antrieb täglich bis zu 4 Mal schön aufgereiht an und werden am automatischen Melksystem abgemolken.
Zuerst sucht sich der elektronisch arbeitende Roboter je eine Zitze, desinfiziert diese, dann wird der eigentliche Melkkopf angelegt und die Kuh gemolken. Das computergesteuerte System erkennt dabei
jedes Tier individuelle, seine jeweilige Eigenarten und auch seine Milchleistung. Je nach Tier beträgt die Leistung 34 l/Tag oder ca. 7200 l/Jahr.
Die Milch wird täglich in einem 4.000 l Großtank gesammelt, wobei täglich aber nur 1800 l erzeugt und auch abgefahren werden. Die doppelte Tankgröße ist für unvorhergesehene Störungen nötig. Die Milch wird dort auf 4 Grad Celsius gekühlt.
Damit die Milchkühe, die sich immer im Stall befinden, sich wohl fühlen, ist der Stall für die Tiere in
2 Bereiche unterteilt. Sie können sich dort frei bewegen. Einmal besteht ein Bereich der Fütterung
wo die Tiere durch ein automatisches Fütterungssystem versorgt werden. Das System ist auf jedes
einzelne Tier programmiert. Jedes Tier hat seinen eigenen Platz und weiß auch wo es hingehört.
Der größte Anteil des Futters wird selbst auf den Wiesen und Ackerflächen produziert. Es wird aber ebenso Kraftfutter zugekauft.
Zum anderen erledigen sich die Tiere in diesem Bereich auch ihrer Exkremente. Diese werden durch einen automatischen Schieber abgeführt und gelangen durch einen unterirdischen Kanal in einen Gülletank. Die Gülle wird auf die eigenen Felder wieder ausgebracht.
Der 2. Bereich ist der Ruhebereich, in dem die Tiere wiederkäuen und sich ausruhen. Dieser Bereich ist auch mit Stroh bedeckt. Die Unterlagen bestehen aus sogenannten Mistmatratzen, die aus Pferdemist, Kalk und Stroh verpresst sind und zweimal jährlich gewechselt werden. Diese Matten liegen auf speziellen rutschfesten Gummibelägen, die vor allem die Tiere vor Verletzungen schützen.
Um Aggressionen, Kämpfe um Rangfolgen zu vermeiden, wird das gesamte Vieh durch ein schmerzfreies Verfahren durch den Sohn Oberschätzl enthörnt, der dafür speziell ausgebildet ist.
Erst nach 2 Stunden, in denen sich auch Dr. Balthasar Spann dazugesellt war die Neugier der Besucher einigermaßen gestillt.
Nach einem herzlichen Dankeschön, verbunden mit einer Einladung zum Herbstfest am 4. September 2013 durch Schatzmeister Sepp Höfer an die Familie Oberschätzl fuhren die Besucher zum Mittagessen zur Post in Aschheim.
2. Nach geselliger Runde und munteren Gesprächen führte uns nun Herr Dr. Spann in sein Institut für Landtechnik und Tierhaltung nach Grub. Das Institut ist Teil der Bay. Landesanstalt für Landwirtschaft. Dort reihten sich auch Christian Glas und Sebastian Friesinger in die Runde ein.
Die Landesanstalt beschäftigt bayernweit ca.1200 Mitarbeiter, davon in Grub 150. Das gesamte Areal in umfasst ca. 150 ha oder ca. 400 Tagwerk, bebaut mit Verwaltungsgebäuden, Ausstellungshallen, Versuchsställen unterschiedlicher Bauart und Ausrichtung, Häuser und Wohnungen für Arbeiter, welche die Tiere versorgen, sowie eigene bewirtschaftete Wiesen und Felder. Auf dem Gelände werden für Forschung und Entwicklung ca. 300 Rinder, 600 Schweine und 400 Schafe gehalten.
Dr. Spann erklärte, dass die Landesanstalt notgedrungen nach dem 1. Weltkrieg entstand um die Ernährung der Bevölkerung in Bayern zu sichern. Der Beginn startete mit 4 Bauernhöfen und heute sind über ganz Bayern verschiedene Institute für sämtliche Zweige der Landwirtschaft verteilt , für Tiere, Ernährung und Fütterung, Pflanzen, Wein, Technik, landwirtschaftliches Bauen usw..
In Grub selbst beschäftigt man sich mit Zuchtvieh, seien es hornlose Tiere oder der genomischen Selektion, der sogenannten Vorherbestimmung der Erbeigenschaften, ebenso der Steuerung ob Bulle oder Kuh. Ein weiteres Aufgabengebiet umfasst die richtige Fütterung und Ernährung der Tiere, das Tierwohl durch entsprechende technische und wirtschaftliche Stallbauten, automatische Fütterungs- und Melksysteme, Gestaltung sicherer und hygienischer Bodenbeläge. Hinzu kommen viele zu beantwortende Anfragen aus dem Ministerium, Schulungen, Gestaltung eigener Fachmessen. Eine besondere Aufgabe ist es Umwelt –Tierschutz – Tiergesundheit mit einer gesunden Wirtschaftlichkeit des bäuerlichen Betriebes in Einklang zu bringen.
Nach einer umfassenden Besichtigung und einer nicht enden wollenden Diskussion verabschiedete Dr. Spann seine Freunde aus dem Bayern Bund. Christian Glas sprach auch ihm mit gleichzeitiger Einladung zum Herbstfest Rosenheim seinen Dank aus. Alle Teilnehmer bedankten sich auch bei
unserem Vorstandsmitglieder Elfriede Göppelhuber und Sepp Höfer, die mit dieser interessanten Tagesausflug, bei schönstem Wetter, einen großartigen Einblick in die Landwirtschaft, einem Teil unserer bayrischer Heimat ermöglichten.
Bericht: Kurt Franz
Fotos: Elfriede Göppelhuber und Kurt Franz